Montag, 16. Dezember 2013

Durchs "Chummli-Couloir" der Sonne entgegen

Was ist es eigentlich, was mir nach einem Tag in den Bergen dieses tiefe Zufriedenheitsgefühl verleiht? Ist es eine schnelle Gipfelbesteigung, eine anspruchsvolle Route, eine 17-stündige Tour? Mit guten Freunden unterwegs spannende Diskussionen führen? Auf dem Gipfel die Sonnenstrahlen im Gesicht fühlen und beim Blick in die Ferne bisschen die Zeit anhalten und träumen? Seine eigenen Ziele mal zurückstecken und andern damit ein schönes Bergerlebniss ermöglichen und sich darüber wie wild mitfreuen?
Einmal dieses, einmal jenes. Ich habe gerne Abwechslung.

Noch war es dunkel, als wir in Bern losfuhren. Nicht stockdunkel, denn der Mond zeigte sich schon ziemlich kugelig und liess die verschneit-verreifte Landschaft leuchten. Mit gleichvielen Pickeln wie Beinen (je 10 Stück) marschierten wir gemütlich in Gurnigel Wasserscheide los. Am blauen Himmel erste Wölkchen, zwischen diesen schien die Sonne durch.
Der Kessel vor dem Morgetepass wies eine sehr varierende Schneedecke mit grossen Windverfrachtungen auf. Von wenigen Zentimetern Eis auf steinig-grasigem Untergrund bis zu 1m Frachtschnee in den Duhlen lag alles vor.
Couloirs, Grätchen, Flanken gibt's unzählige im Gebiet von Ochsen, Bürgle, Gantrisch und Nüneneflue. Heute sollte es weder eine riesenlange noch eine allzu anspruchsvolle Tour werden, heute galt anderes. Wir wollten einfach den sonnigen Tag geniessen, zusammen, und stressfrei für alle.
Mit Steigeisen und teilweise Pickeln stiegen wir von der Chummlihütte auf den Chummlipass, von dort führt ein einfacher Grat auf die Bürgle (T4, bei zusätzlicher Besteigung des Chummlispitzes T6).
Das "Chummli-Couloir" und der anschliessende Grat entpuppten sich vor Ort deutlich weniger schwierig als vermutet, so trugen wir die Pickel mehrheitlich auf dem Rücken.

Nach dem Riesenkäsesandwich im Hotel Gurnigel knurrte Phippu noch immer der Magen, es musste also mehr her. So liessen wir den Tag im alten Tramdepot in Bern ausläuten. Als 4. Menugang bekamen wir von Phippu & Simone Fotos vom überwältigenden Ausblick vom Cotopaxi hinunter serviert :-).

Samstag, 9. November 2013

November - ein spezieller Bergmonat

Zu tief hinunter gepudert für leichtbekleidetes Speedwandern, zu kalt fürs Klettern, zu wenig Unterlage für die erste Skitour...halt einfach November - der Bergmonat, welcher ein wenig mehr Einfallsreichtum verlangt als nur in die gängige Tourenliteratur zu blicken.
An besonders regnerischen Tagen in Erinnerungen vergangener lauer Biwaknächte schwelgen, von den ersten Schneeflocken träumen - auch Sofatage sind mal ok. Aber nicht den ganzen November ;-).
So stiegen wir heute ein letztes (?) mal in die Trailrunschuhe. In den Rucksäcken Handschuhe, Primaloft, Buff, Stirnlampe und mini-Notbiwaksack zogen wir los von Schwenden im Diemtigtal ins Gurbstäli. Nicht die Männliflue Nordflanke peilten wir diesesmal an, sondern eine 12Km/1000Hm-Runde am Wiriehorn. Gestern Mittag zeigten sich die Berge auf den Webcams bis gut rund 1900müm gezuckert, heute gaben sie nur Nebelbilder preis.  So lockte es uns raus, um die weisse Grenze nach niederschlagsreicher vergangener Nacht selber suchen zu gehen.
Langärmlig gestartet wechselten wir im steilen ersten Abschnitt bald einmal auf kurzärmlig und bestaunten die herbstliche Landschaft. Ein steiler kurviger Weg führt über eine Steilstufe in den "Talkessel" hinauf, wo sich ua der Einstieg in die Männliflue Nordflanke zeigt. Kaum oben angekommen, wechselten wir innert weniger Schritte mitten den kalten Winter, in Handschuhe und warme Primaloftjacken. Unterhalb der Steilstufe milder Herbst, oberhalb alles weiss gezuckert und der Wind blies kalt um die Ohren. Noch 200 Höhenmeter trennten uns vom Gurbspass, dem höchsten Punkt unserer heutigen Runde. Anfangs angenehme 2-3cm Schnee, doch mit jedem Schritt wurden unsere Spuren tiefer, die Traverse nach dem Gurbspass spurte Manu durch knapp 30cm Powder...feinster Powder - wie fein wären jetzt für die nächsten paar Meter 2 Latten unter den Füssen :-)! Was für eine schöne Überraschung, wenn wir dieselbe Runde in 2 Wochen mit den Tourenski wiederholen könnten! Ich liebe es, dieselbe Runde in verschiedenen Jahrezeiten zu sehen und komme mir dabei oft wie in verschiedenen Welten vor, denn manchmal ist die Gegend kaum wiederzuerkennen.
Auf 1400müm noch herbstliches Diemtigtal

Oberhalb der Steilstufe: Das Tor zum Winter

Blick zurück, vom Winter in den Herbst

Traumlandschaft im Gurbs-"Kessel"


Mit jedem Höhenmeter wird die Spur tiefer


Wahnsinns-Stimmung: oben weiss, unten grün!




Rennen durch paar cm frischen Powder :-)

Montag, 30. September 2013

Lohnerumrundung in Trailschuhen

Ich träumte davon, dieses letzte Septemberwochenende nochmals am Matterhorn zu vebringen. Vor zwei Jahren biwakierte ich mit Benz, einem Kollegen, vier Tage auf der Terasse der bereits eingewinterten Hörnlihütte. Vier fantastische Tage, die im Gedächtnis blieben. Aus dem kleinen gelben Zelt hatten wir direkt Blick auf über 20 Walliser Viertausender, welche jeden Abend rosa leuchteten. Die Temperaturunterschiede waren enorm, die Bergschuhe morgens gefroren, während wir mittags in ärmellosem T-Shirt mit Blick in die Matterhorn Ostwand die Route studierte. Irgendwann ging uns das Kochergas aus, hauptsächlich ungekochte Teigwaren und Suppenbeutel waren noch übrig. Doch die Lust am Draussen sein ist uns nicht vergangen, im Gegenteil. Gipfelerfolg hatten wir keinen - wegen Wassereis, mehr als genug Schnee in der Wand, unklarer aufziehender Wetterlage  und zwei zeitfressenden Verläufern drehten wir bei der Solvayhütte um. Aber das schmälerte das Erlebnis keinesfalls. Was mich interessiert oberhalb der Waldgrenze ist nicht primär das Erreichen eines Gipfels - Bergsteigen ist mehr, viel mehr. Es bedeutet für mich Wege suchen, Verhältnisse und Wetterentwicklungen abschätzen, meine Grenzen ständig verschieben, mit guten Freunden zusammen unvergessliche Morgenstimmungen bestaunen, spontan die Pläne ändern, diskutieren, gut abgewägte Versuche wagen.

Nun aber zu vergangenem Wochenende. Ich rief zur Lohnerumrundung mit Trailschuhen und fünf Freunde kamen. Start in Ueschenen, dort mussten wir Oli kurz an die Hand nehmen, da der schöne Ueschenenfels seine Klettervirusinfektion schier zum aufflackern brachte.
Alpschelegrat

Der erste wirklich steile Anstieg führte auf den Bundergrat. Oli zündete dort den Bergturbo, Manu hechelte ihm nach, und von den vier hintendran wollte sich natürlich niemand abhängen lassen. So tropfte der Schweiss von den Nasenspitzen und die Gesichtsfarbe veränderte sich bei einigen kurzfristig bisschen. Die Schotterpiste ins Bunderchumi hinabsurfend war definitiv weniger schweisstreibend, ich sammelte dabei aber ein gefühltes Kilo Steinchen in meinen Schuhen;-).
Die Schotterpiste ist schon hinter uns, bis ins Bunderchumi dauerts noch wenige Minuten
Über kettengesicherte Weglein und den "Zürchertritt" kamen wir zur herzigen Lohnerhütte, welche im Winter lawinentechnisch kaum zu erreichen ist. Hier die erste Sandwichpause, mhhh. Eine Zeit lang hatte ich oberhalb der Waldgrenze nur noch Kohlenhydratgels dabei (halt leicht&klein zum mitschleppen...), aber an seinem Gel zu nuckeln, während andere in ein saftiges Fleisch-Käse-Sandwich beissen, das vertrugen meine Magennerven nicht lange. An Skitourenrennen verpflege ich mich jedoch ausschliesslich von Gels, seitdem ich beim Kauen eines Riegels beinahe blau angelaufen bin...da liegen leider keine "Fresshalte" drin, gegessen wird während dem Gehen.
Der "Zürchertritt", eine kettengesicherte Kraxelstelle auf dem Lohnerweg

Die Lohnerhütte, im Winter lawinentechnisch kaum zugänglich
Eine abschüssige Traverse durch die steile Schuttflanke am NW-Fuss des Grossen Lohners führte uns Richtung Engstligenalp. Diese liessen wir rechts liegen, um die Herzfrequenz auf dem Ärtelegrat nochmals so richtig in die Höhe zu jagen und den Quadriceps zu plagen was es geht. Bernd musste, angekommen am Fuss des Tschingellochtighores, kurz alle vier Extremitäten von sich strecken. Selbst feinster Nougat konnte seinen Appetit grad nicht zurückholen. Und das alles nur, weil er hinter sich Benz's Stöcke hörte, die mit jedem Aufschlag näher kommen zu drohten ;-). Lustig, wie "Verfolger" einem die Leistungsreserven rauskitzeln können!
Der Ärtelegrat führt zum Tschingellochtighore, dessen Zacken wir umgehen werden (Seil fehlt heute im Rucksack...)

Sandwichpause am Fuss des Tschingellochtighore
Unsere Runde führte weiter über den Entschligegrat, am stahlklaren Tälliseeli vorbei, über das Schwarzgrätli und den Ueschenengrat zurück zum Auto. Den Tag ausklingen liessen wir in einer Beiz mit einer herzigen  Katze, welche sehr viel Freude an Benz's neuer teurer leuchtorgangen Daunenjacke entwickelte...mit rascher Reaktion konnten wir verhindern, dass es auf der Sitzbank wie in einem vom Fuchs besuchten Hühnerstall aussieht ;-).
Tagesfazit: Tour mit wenig Planungsbedarf und hohem Quadricepsfolter-Potential (die Skitourenrennsaison ist nicht mehr unendlich weit entfernt...), ultrazufriedenes Grüppchen, den letzten wetterschönen Tag voll ausgenutzt :-). Danke, sei ihr alle so spontan mitgekommen!

Routeninfos (genauer Routenbeschrieb inkl Schlüsselstellen siehe http://www.gipfelbuch.ch/gipfelbuch/detail/id/62251 ):

Mittwoch, 25. September 2013

5-Gipfel-Tour am Fyrabig

Gerade 5 Nachtdienste hinter mir, fürchtete ich eigentlich jegliche Höhenmeter und andere Anstrengungen - aber genau danach roch Phippus Feierabend-Plan "Niesenketten-Speed in Trailrunschuhen". Beim Schwelgen in abenteuerlich-schönen Erinnerungen gemeinsamer Bergerlebnisse letzter Jahre vergass ich meine Müdigkeit und ich stieg auf Phippus Plan ein. Unsere Ausflüge enden der Erfahrung nach immer unter irgendwelchem Aspekt "speziell". Entweder sie beginnen in den abgelegendsten dunkelsten verlassensten Tälern Mitternachts um 24:00, dauern 17h weils einfach so traumhaft ist oder weil die Wegspuren bereits unter dem Schnee stecken, wir müssen uns wegen kaltem Wind bereits am Bahnhof Visp um 22:00 schlotternd hinter einem Selecta-Automat verstecken aber schaffens danach trotz Einfallsreichtum noch in derselben Nacht bis fast auf den Dom, oder dann schläft Phippu unterwegs mit Ski an den Füssen in der Aufstiegsspur ein.
Heute Start um 15:00 auf dem Springenboden, einem herzigen Weiler Diemtigtals mit viel neugierigem Milchvieh. Nach knappem 1.5stündigem Tropfnassschwitzen träumten wir beim Blick vom Mägisserhore in die weissen Berner Alpen von den ersten Skitouren. Und definitiv fühlen wir uns jedesmal von neuem überwältigt, in welchem Paradies für Hügel-, Fels- und Schneeliebhaber wir hier wohnen!
Für eine lange Pause auf dem Mägisserhore fehlte uns heute die Zeit. Denn Tschiparällehore, Steinschlaghore, Standhore und Drunegalm warteten noch auf uns. Über teils schmale Grätchen - rechts mit Blick ins Kandertal, links ins Diemtigtal - liefen wir gegen Osten. Die in Führern beschriebene T5 Stelle konnten trotz Spürsinn auch mit Mühe nicht finden. Dennoch ist diese Gratüberschreitung nicht zu unterschätzen, bei feuchten Verhältnissen werden die grasigen Abschnitte rasch zur potentiellen Rutschbahn ins Tal. Wie bei vielen Touren steht und fällt hier "alles" mit den Verhältnissen. Für die uns vom Winter bekannten Nordflanken legten wir natürlich extra-Halte ein - cool, seine Skiabfahrten mal schneefrei zu betrachten.
Blick zurück, bereits haben wir mehrere Gipfel hinter uns

Wow, einfach jedesmal wieder überwältigend!

Phippu macht Luftsprünge vor lauter Freude an unserer Fyrabigs-Tour :-)
Auf unserem fünften und letzten Gipfel, der Drunegalm, schien uns um 18:30 immer noch die Sonne ins Gesicht. Der Abstieg ging schnell vonstatten. Unter anderem Dank dem letzten Sprint des Tages, verfolgt von einer wildgewordenen gallopierenden show-abziehenden halbwüchsigen Kuh.
PS: die Couloir-Wunschliste für kommenden Skiwinter hat mindestens 1 neue Zeile :-).
Auf dem Abstieg wenige Meter unter der Drunegalm...Sicht aufs Stockhorn, unser Trailgipfel letzter Woche
Blick zurück zum Grat, welcher in den letzten Sonnenstrahlen leuchtet

Die 5-Gipfel-Runde: ca 15.5Km und 1570 Höhenmeter Aufstieg. Start/Ziel in Springenboden. Alles den Wanderwegen resp der Gratkante entlang. [Graphik erstellt mit Swiss Map online von swisstopo Wabern]
Die 5-Gipfel-Runde: ca 15.5Km und 1570 Höhenmeter Aufstieg. Start/Ziel in Springenboden. Alles den Wanderwegen resp der Gratkante entlang. [Graphik erstellt mit Swiss Map online von swisstopo Wabern]

Samstag, 14. September 2013

Septembertage...

Der Vormittag des ersten Ferientages bereits angebrochen, wussten wir noch nicht, wo wir morgen oder in einer Woche sein werden. Aber genau diese rollende Von-Tag-zu-Tag Planung bedeutet für uns Ferien. Ich packte Schlafsäcke und das ganze Essen in den VW Caddy. Milchpulver, Knuspermüesli, Teigwaren, Salz, Suppenbeutel, Trockenfleisch. Nein, unsere Gaskocher-Menus bekämen bestimmt keine 5 Gourmetsterne, ABER wenn ich nach einer 13-stündigen Tour zum Auto zurückkommen, dann läuft mir der Speichel selbst bei ungesalzenen blossen Teigwaren im Munde zusammen! Also, Grundregel Nr 1 Outdoorverpflegung: je weiter von der Zivilisation entfernt, desto besser schmeckt die Madensuppe.
Erst auf dem Parkplatz in Pont-de-Nant erfolgte genauere Planung der nächsten Tage, camptocamp Berichte wurden durchgeforscht, das Wetter nochmals abgecheckt.
In dieser ersten Nacht leckte Manus Schlafmatte noch nicht, desto schwieriger gestaltete es sich, ihn um 5:30 aus dem Schlafsack zu holen, um den Weg Richtung Cabane Plan Nevé unter die Füsse zu nehmen. Vorher wurden aber noch die Rucksäcke an Manus Federwaage gehängt, schon lange wollten wir mal objektivieren, was wir so durch die Berge schleppen: Mein Rucksack wog 9.5Kg, Manu's 10.5Kg. Da liegt Abspeckbedarf vor! Unser Ziel ist ein Hochtouren-Rucksack unter 8Kg :-).
Meine neuste Erungenschaft, das Tendon Master 9.7mm, passt perfekt zum Dynafit-grün der Primaloft und des Thermal Layer :-)
Bei der Cabane Plan Névé deponierten wir Steigeisen und Essvorrat für den nächsten Tag. Weiter stiegen wir auf den Col des Chamois zum Einstieg des Südgrates auf die Pierre Q'Abotse. Nicht das erste mal standen wir auf diesem Pässchen. Letzten Herbst, bereits lag teilweise Schnee, traten wir bei Eiseskälte im Schneeflockensturm nach einigen vereisten rutschigen Metern im Fels den Rückzug an. Winterbesteigung dieser im unteren Teil plattig-abschüssigen brüchigen nicht abzusichernden Stellen....Never, nix was uns unter den Fingernägeln brennt!

Südgrat auf die Pierre Q'Abotse

diese 5c Platte ist eine Variante in der Route auf die Pierre Q'Abotse
Mit dem grünen neuen Tendon Master 9.7mm Seil und schwitzend selbst im ärmellosen T-Shirt war ich für die Variante "5c Platte" in Bergschuhen motiviert. Der Rest des Grates ist einfacher, aber hält 2-3 spannende Stellen bereit. Topo & Beschrieb siehe unter http://www.camptocamp.org/routes/55444/fr/pierre-qu-abotse-arete-s
Unter Einfluss meines knurrenden Magens (wir haben das Brot vergessen im Auto) hatte ich die ganze Tour lang das Gefühl, ich würde Wurst riechen - irgendwo muss eine Wurst sein, aber wo? ...Auf dem Gipfel schnitt die zweite Seilschaft ihre Salami in dick Redli...ich habs doch gerochen!

Nach Übernachtung in der Cabane Plan Névé zogen wir erneut los in den Wadtländer Kalk. La Vierge, ein knapp 1Km langer Felsgrat auf den Tête a Pierre Grept, entpuppte sich besonders im ersten Teil als Imbegriff von brüchig. Die schwierigeren Stellen sind plattig und wirklich nach alter Schule bewertet. Die Schlüsselstelle kommentierte Manu mit Bergschuhen im Vorstieg als "machbar", ich im Nachstieg war froh, nicht zu fallen und ohne z bschisse durchklettern zu können.
Die plattige Schlüsselstelle
 
Die plattige Schlüsselstelle von oben (Platte selbst sieht man hier nicht)
Im Vergleich zum Portjengrat erschienen uns die paar Schlüsselstellen ähnlich anspruchsvoll, aber La Vierge beinhaltet einen grösseren Streckenanteil, welcher gut am halblangen Seil zu verantworten ist. Der Portjengrat ist sehr gut selbst abszusichern, auf dem heutigen Grat waren wir ziemlich froh über die sehr gut eingerichteten Haken/ Abseilstände. Letztere sind sogar mit Reflektoren ausgestattet, also am besten die Nacht abwarten, wenn man sie tags nicht findet ;-).

La Vierge und wir zwei als Schattenbild :-)


Der Abstieg zur Cabane Plan Nevé beinhaltet Abseilen ohne Ende (insgesamt 10x Abseilen, 50m Seil) und anschliessend rund 50min Abrutschen/-steigen durch sehr steile Schuttflanken. An einer besonders steilen und unten durch eine senkrechte Stufe begrenzte Stelle sind wir in den Firn ausgewichen und haben dort Trittchen geschlagen. Besser, man ist für den Abstieg noch nicht ganz am Ende seiner Kräfte!
Abstieg durch die steile Schuttflanke (ist deutlich steiler als es auf dem Foto wirkt)
Nächsten Morgens liefen wir mit ca je 7Kg weniger am Rücken los auf die Dent D'Oche, an den Füssen die leichten Trailrunning Schuhe. Was für eine Wohltat für Füsse und Rücken, was für ein Gefühl des Fliegens nach 2 Tagen heavy-Material Bergsteigerei :-). Unsere Regel lautete 50 Rappen Einkaufsguthaben heute Nachmittag im Vieux Campeur (das "Bergsteiger-Paradies" in Thonon-Les-Bains) pro aufwärts zurückgelegten Höhenmeter - Manu hatte seine Leichtsteigeisen im Hinterkopf und gab dermassen Gas, dass ich im Mittelteil ums Schnüerli (ca 2m lange Elastikschnur, welche im Skitourenrennsport zum Konditionsausgleich zwischen 2 Teammitgliedern dient) flehte.
Im Aufstieg auf die Dent D'Oche
Wir sind aktuell geradezu begeistert von dieser Art Speedwandern, die Materialschlacht und damit die Schlepperei fallen hier weg. Zudem ist diese Fortbewegungsart in schöner Umgebung wenig von Wetter und Verhältnissen abhängig, bei Stockeinsatz wird sie zum Ganzkörpertraining und gibt ganz schön Kondition für die kommende Skitourensaison. Vor dem Besuch des Vieux Campeur warfen wir uns anstandshalber noch in den Genfersee, um die gröbsten Matschspritzer von den Waden wegzuputzen ;-).
Genfersee: über 10 Grad wärmer, als die Bergbäche, welche uns an den vorherigen Tagen als Badewannen-Ersatz dienten
Drei Tage später, mit inzwischen einem weiteren Trailrun in den Beinen (Hohmad im Berner Oberland), fuhren wir nach Briancon dem guten Wetter entgegen. Bereits in Genf war der Scheibenputzmitteltank schon fast leer, denn ich fuhr. Und ich liebe nichts mehr, als Drängeler hinter mir mit einem guten Gutsch Putzmittel zu besprühen ;-). Auf dem Col du Galibier, übrigens auch Tour de France Strecke, lag ein klitzekleines Schäumchen Neuschnee, da kommt Skistimmung auf :-). Eine wunderschöne Berglandschaft hier in den Höhen um Briancon herum, wie extra gemacht fürs Trailrunning und Wandern. Auch die letzten Alpenviertausender sind hier anzutreffen (Barre des Ecrins, La Meje,...na gut 3.983m), doch bei den gemeldeten deutlichen Minustemperaturen in der Höhe blieben die Steigeisen für einmal Zuhause.
Auf dem Weg nach Briancon: die letzten Alpen-fast-viertausender, ganz rechts die Meije
Die Trailrunningschuhe geschnürt und bei rund 16°C und ziemlich Wind die Weglein raufsteigend packte sich Manu in eine Schicht Kleider nach der andern - auch in Daunenjacke schüttelte es ihn zuletzt. So wurde aus dem Trailrun ein 2-stündiger Spaziergang. Dabei blieb es dann auch, nächsten morgen fuhren wir zurück nach Bern in Richtung heisse Badewanne, denn bei kühlem Herbstwetter mit Grippe auf Bergmättelis zu campen ist nichts lustiges, zudem hätte mir der Partner für schnelle Touren gefehlt. Briancon, wir kommen nochmals!

Donnerstag, 15. August 2013

Glacier 3000 run - super Streckenführung

Genau so würde ich eine Rennstrecke anlegen, könnte ich wählen. So steil, dass man nicht überlegen muss, ob man vielleicht schneller wäre mit joggen. Grosse Gehschritte brachten mich nämlich schon ganz schön zum schnaufen. Wie sich herausstellte, war dann auch das genügend schnell, um eine gute Zeit zu laufen.




Ein grosses Dankeschön an meine Schwägerin, die den ersten Teil der Strecke übernahm! Ich war sehr froh, den langen, flachen Teil abgeben zu dürfen. Seit ich so viel in den Bergen unterwegs bin, ist dies nicht mehr meine Stärke. Ausserdem lief sie eine super Zeit!

Nach 35 Minuten das erste Gel reingedrückt.
 
 
Das idyllische Bild lässt nicht erahnen, dass ich dort an Krämpfen litt... 


 
Weil ich so angefeuert wurde, hat es hier dann trotzdem noch einmal gereicht, die Treppe hoch zu drücken. Aber haha, siehe Körperhaltung! Seit einer Woche nehme ich brav wieder meine Magnesiatabletten :)


Ein weiteres Highlight - mit meiner Schwägerin und zwei Kollginnen auf dem Podest!

 Het gfägt, nägst Jahr wieder :)



http://www.glacier3000run.ch/

Sonntag, 4. August 2013

6 Gipfel in 4 Tagen...Nadelgrat & Portjengrat

Tag 1 - Zustieg zur Bordierhütte
Nach viel Wartezeit vor dem Lötschbergtunnel erreichten wir mit Verspätung Gasenried VS. Manu lief ab dort um sein Leben (ehm ich meine um sein Nachtessen in der Bordierhütte), so dass uns der Schweiss unter der Last der schweren Hochtourenrucksäcke in Bächen runterlief. Die wilde wunderschöne Umgebung inklusive der Gletscherquerung, durch welche ein Weg zur Bordierhütte führt, konnten wir erst beim Abstieg am Folgetag richtig geniessen.
Querung des Riedgletschers, um zur Bordierhütte zu gelangen

Eindrücklich, was die Natur so alles tut :-)
 
der Riedgletscher war voller kleiner herziger Gletscherbächli
Die Punktlandung zum Nachtessen um 19:00 war geschafft. Das feine Menu im Magen, wollten wir unsere Matratzen im Estrich (Notlager bei voller Hütte) beziehen. Doch, mitten im Haufen aus unseren Hüttenschlafsäcken und Kleidern schnarchte auf einer der 2 reservierten Matratzen schon ein frecher Sack...Danke! Wir fanden zum Glück noch ein anderes kleines Mätteli und legten dieses aufn einen schmalen Streifen Estrichboden zwischen 2 Betonstützen.

Tag 2 - 4x4000m, das Ulrichshorn und Chassis-Schmerz
Um 3:00 nachts verliessen wir die Hütte, über ein Schuttwegli erreichten wir mit rund sechs weiteren Seilschaften den Riedgletscher. Von weitem sah das 200 Höhenmeter lange Dirrucouloir beinahe senkrecht aus, doch wie im Führer beschrieben präsentierte es sich 45-50° steil. Aus diesem Couloir steigt man besser zu früh als eine halbe Stunde zu spät aus. Im oberen Teil schwirrten uns erste kleine Steinchen entgegen, die 30min nach uns das Couli verlassende Seilschaft berichtete, der Ausstieg mit der grossen Wächte sei bereits mühsam weich gewesen.
Couloir, welches aufs Dirrujoch führt (Bergschrund, 45-50°, Wächte am Ausstieg)
 
Dirrujoch-Couloir: wir stiegen im unteren Teil durch eine breite Rinne auf

erste Sonnenstrahlen im Dirrujoch-Couloir...kleine runterzischende Steinchen ermahnen, dass wir zu diesem Zeitpunkt optimal bereits oben gewesen wären
Manu vor der Wächte am Ausstieg des Couloirs

Vom Dirrujoch zogen wir ohne Steigeisen (bei diesen Verhältnissen reiner Felsgrat) weiter aufs Dirruhorn und den selben Weg zurück ins Dirrujoch. Dann gings 180° in die andere Richtung, um den 2. Viertausender des Nadelgrates, das Hohberghorn, zu erklimmen. Kurz nach dem Dirrujoch befindet man sich während der ganzen Gratpassage, also für mehrere Stunden, oberhalb der 4000er Grenze. Rechts hat man Tiefblick in die Normalroute des Doms, auch am Festigrat konnten wir Seilschaften beobachten. Phippu, wir haben da noch eine offene Rechnung...Dom in one day ;-)!
Die Gipfel des 2. (Hohberghorn) und 3. (Stecknadelhorn) 4000ers des Nadelgrates

Die Tour empfand ich bei den guten angetroffenen Verhältnissen (Trittschnee im Dirru-Couloir, trockene Felsen, griffige Mixed-Stellen) nie als sehr ausgesetzt und mir sind keine wirklich schwierigen Kletterstellen aufgefallen. Aber die Länge mit Total 3100 Höhenmeter und 28Km (inkl Hüttenzustieg) betrachtlich, zudem war die Rückkehr zur Bordierhütte über den aufgeweichten Gletscher mit einer halbaperen Spaltenzone zumindest mir nicht sehr angenehm. In solchen Situationen stehe ich sehr auf ein äusserst straff gehaltenes Seil und wiederhole die Anweisung dazu gerne 2minütlich, gäu Manu ;-).
Während dem Abstieg zeigt sich der Nadelgrat in seiner ganzen Lànge: vr nl Dirruhorn, Hohberghorn, Stecknadelhorn, Nadelhorn (ganz links schaut auch noch die Lenzpitze wenig hervor)
Zurück auf der Terasse der Bordierhütte musste Manu als allererstes mit einem riesigen Kuchenstück das Abbröseln seines Kampfgewichtes verhindern. Als unsere stinkigen Socken sonnengetrocknet waren, begingen wir in Altersheim-Tempo den Abstieg....mit einem Tagestotal von 1700 Höhenmeter Aufstieg und 3100 Höhenmeter Abstieg kamen wir mit brennenden Fusssohlen, Blasen an diversen Zehen und rucksackgeschädigten schmerzenden Schultern beim Auto an. Wir fühlten uns wie frisch verprügelte 80jährige. Oder nennens wir einfach: weit davon entfernt, wie geplant morgen die nächste Tour, den Portjengrat, in Angriff zu nehmen. Kommt halt davon, wenn man arbeitsbedingt längeren Bewegungsmangel einstecken muss :-(.

Tag 3 - Rückkehr der Power & Zustieg zur Almagellerhütte
Die ersten Sonnenstrahlen verpassten wir heute, erst am späteren Vormittag erwachten wir im VW Caddy, unserem geliebten hellgrün lackierten fahrenden Basislager im Tal :-). Neuer Tag, neue Power...die Beine waren weniger schlimm als erwartet und das Topwetter soll scheinbar nur noch heute und morgen anhalten. Also Mittellegi-Pläne für Ende Woche vergessen und nun doch heute Zustieg in die Almagellerhütte. Doch bevor wir die Rucksäcke wieder auf die Rücken warfen, badeten wir uns während einem kleinen Zwischenhalt auf der Fahrt ins Saastal den Schweiss und Dreck der letzten 2 Tage vom Leib. Um die bereits arg geschädigten Zehen und Fersen zu schonen, banden wir die Bergschuhe auf den Rucksack. Manu lief mit Fivefingers und ich mit meinen geliebten Dynafit MS Feline Goretex über steinige Wege, durch Bächli und aufgeweichten Schnee. Trotz optimierter Schuwerks-Wahl schmerzten die Blasen auf den ersten 200 Metern, danach sahen die Schmerzrezeptoren nadiesna ein, dass der Portjengrat trotz ihrer Rebellion angegangen wird.
 
Swiss Map Mobile: gibt unkompliziert und rasch Auskunft über ua Routenverlauf, die Höhenmeter & Kilometer...ich bin davon als Ergänzung zum Kartenmaterial überzeugt!

Almagellerhütte, dahinter die 2.Hälfte des Protjengrates und in Bildmitte das Abstiegs-Firnfeld

"Mischabel-Blick": Reserveraum bei voller Hütte und zudem gemütlicher Winterraum

Tag 4 - mit Friends & Keilen über den Portjengrat
Nach einer kurzen Nacht im herzigen "Mischabel-Blick", dem Hüttchen neben der Almagellerhütte, welches auch als Winterraum dient, zogen wir los. Mit bunten Friends diversester Grössen, Keilen, dem Grübler und vielen Schlingen. Denn ausser den 4 Plättchen am Einstieg und dem Haken an der Abseilstelle beim Gipfel fehlt auf dem Portjengrat jede Spur von Metall -  zum Glück, bei diesen fast durchgehend perfekten Selbstabsicherungsmöglichkeiten!
Irgendwie schafften wir es wiedermal mit Verspätung loszuziehen. Doch nicht schlimm, mit einem Sprint holten wir die Stirnlampen paar Hundert Meter vor uns ein, so dass wir als 2. Seilschaft in den Fels einsteigen konnten. Der Einstieg ist mit einem gelben Pfeil markiert, einige plattige Seillängen führen von dort auf den Grat.
Plattige Einstiegs-SL führen auf den Grat (4 Plättchen)
Wir genossen jeden Grat-Meter, überkletterten sämtliche Türme und Spitzchen. Den relativ frischen Felsausbruch berücksichtigt, gibt das unseres Erachtens mindestens eine 5er Stelle. Der Grossteil der Kletterstellen liegt im 3.-4. Grad, eine lange Gehstrecke über einen Firnrücken markiert ca Halbzeit der Tour. Stand-zu-Stand gesichert haben wir 3-4x, den Rest gingen wir ziemlich gleichzeitig am Seil. Aaach, ich will mehr von solchen selbstabzusichernden Gräten - einfach ein spezielles, irgendwie faszinierendes Gefühl, wenn man sich seine Sicherungspunkte selber legen muss :-).

Schöne Erinnerungen an den Portjengrat

 
eine der spannenderen Stellen, aber nicht die Schlüsselstelle

 
Wie in dieser Region gewohnt, zog auf der italienischen Seite das Nebelmeer auf, auf der Schweizer Seite sahen wir klar bis zur Plaine Morte und noch weiter. Ich liebe die Stimmung auf Gräten einfach :-).
Auf dem Abstieg zum Auto ins Tal feuerten nochmals die Fusssohlen, aber mit der Vorfreude fürs morgige Ausschlafen im gewohnten Bett zuhause war dies halb so schlimm. Nun ist mindestens ein Bewegungsapparat-schonender Tag angesagt - unser Chassis soll die Berge ja schliesslich noch viele Jahre aushalten :-).