Dienstag, 18. Juni 2013

Tiefe Gletscherspalte auf dem Stockhorn

In Ole's Kofferraum leuchtet ein schönes neues grünes 60m Seil und wartet auf seinen heutigen Einsatz. Bis zur Station Chrindi, der Stockhornbahn Mittelstation gehen wir den Wanderwegen entlang, ab dort steigen wir in Diretissima den Berg hoch, durch grasig-felsiges Gelände. Geht schneller und man muss die Hände endlich aus dem Hosensack nehmen :-). Den superschönen steilen Routen am E-Grat widerstehen wir heute noch und wählen stattdessen den W-Grat, eine einfache Tour, welche ohne weiteres auch seilfrei geklappt hätte. Doch wir wollten ein paar Dinge und Techniken für kommende Hochtourensaison ausprobieren und ausserdem musste ja Ole's neues Schmuckstück, das schöne grüne Bergseil - unbedingt zu seinem ersten Einsatz kommen.
Den W-Grat durchklettert, verkürzten wir das Seil auf "Gletscherlänge" und ich stürzte mich über die Brüstung der Stockhorn Gipfelplattform hinunter, in unsere "Gletscherspalte" zu Übungszwecken. Mithilfe Ropeman, Rollenkarabiner und Prusik (nicht Prosecco-, und auch nicht Prosciutto-Knoten, gäu Ole ;-)) wars für Ole ein leichtes Spiel, mich aus der Spalte zu holen. Nach Rollentausch wurde alles bisschen schwieriger...irgendwie war die Muskelmasse einfach nicht gerecht verteilt ;-)! Trotz doppeltem Flaschenzug und Zuhilfenahme aller Tricks, hätte Ole beinahe in der Spalte übernachten müssen.


Stockhorn N-Wand...steht auf der Wunschliste für den Sommer


Samstag, 8. Juni 2013

Sieben traumhafte Tage ohne Dusche...

Traumhafte Spitzchen...wenn ich mich nicht täusche, ist das der Peuterey-Grat :-)
Day 1: Bereits im Auto sitzend, um Steffi und Oli in der Kletterhalle zu treffen, kam ein Anruf von Marc und Mireille aus Martigny, ob wir auf den Gran Paradiso mitkämen. Auto wenden, zum Klettermaterial im Kofferraum zusätzlich Hoch-, Skitourenmaterial, Eisausrüstung, Schneeschuhe und Biwakmaterial einpacken. Das Abenteuer kann losgehen :-).
Ganz am Ende des Valsavarenche steht das Hotel Gran Paradiso mit seinem zahmen Fuchs. Dieses wuschelige Tierchen gehört wohl zum Hotelinventar und startet nach Sonnenuntergang seine ziemlich aufdringliche Besuchsrunde zu jedem Parkplatz-Camper.

Day 2: Von erwähntem Parkplatz auf rund 2000müM aus zotteln wir nach wenigen Schlafstunden mit Marc und Mireille los in Richtung Gran Paradiso 4061müM, dem einzigen 4tausender und höchsten Berg mit Basis vollständig auf italienischem Boden stehend. Der technisch unschwierige Normalweg füht über das Rifugio Vittorio Emmanuele II, eine grosse "Blechschachtel".
Marc ist mit wohl mit Renn-Spreissen an den Füssen geboren...nachdem er die obersten 500 Höhenmeter 2x gelaufen ist, hat er Manu die letzten Höhenmeter mit solchem Tempo raufgezogen, dass der arme Abgeschleppte sich oben kaum mehr auf Füssen halten konnte. Erst eine kalte Cola nach halber Abfahrt im Rifugio konnte seine Lebensgeister endgültig zurückholen.
Nach einem ersten Bachbad unserer Skisocken-Füsse und Material trocken auf Steinplatten waren wir bereit fürs nächste Abenteuer.
Nach Rückkher vom Gran Paradiso: Material trocknen und Kohlehydratspeicher füllen im Valsavarenche
Der Mont Blanc Tunnel führte uns von Courmayeur auf die andere Seite des Riesengebirges. Auf dem schönsten Plätzchen von Les Gaillands (Nachbardof von Chamonix) brachten wir den Kocher zum zischen. Hinter uns ein gemütlicher grüner Park mit grossem Sportkletterfels, vor uns traten gerade Aiguille du Midi, Arete Cosmique, Mt Blanc du Tacul, Mt Maudit, Mt Blanc aus dem Nebel...mit Feldstecher und Topoliteratur in der Hand genossen wir die letzten Sonnenstrahlen.

Die Courmayeur-Seite des Mt Blanc Gebietes
Park in Les Gaillands: Hinter uns Fels mit unzähligen Sportkletterrouten, wo nach Feierabend immer einige die letzten Sonnenstrahlen geniessen. Vor uns das Panorama mit Aiguille du Midi, Mt Blanc du Tacul, Mt Maudit, die verschiedenen Mt Blanc Routen...
Unser Esstisch :-)
Und dann trat die Aiguille du Midi zum ersten Mal hervor...wow!!!

Day 3: Erste Bahn rauf auf die Aiguille du Midi. Unsere Entscheidung, die Schneeschuhe im Auto zu lassen erwies sich als richtig, der kurze Zustieg über den Gletscher war bereits gespurt. Die Arête des Cosmiques zeigte sich in vollem Winterkleid, der superschöne rote Granit war über grosse Stellen schnee- oder eisbedeckt. Am besten hat mir die letzte Seillänge gefallen, eine steile Rinne mit eindrücklichem Tiefblick Richtung Chamonix runter. Die Route endet direkt auf der Touristenterasse der Aguille du Midi, wo man anschliessend in english gebeten wird, doch kurz fürs Erinnerungsfoto mitzuposieren ;-).
Arête des Cosmiques: mit Blick zu den Pointes Lachenal, zum Triangle du Tacul und in die Mt Blanc du Tacul N-Flanke


Tiefblick aufs Gletscherplateu unterhalb der Aiguille du Midi runter, welches den Zustieg zur Arête des Cosmiques bildet und häufig als Biwakort und Materialdepot für mehrtätige Aufenthalte im Gebiet dient


Superschöner rötlicher Granit der Arête des Cosmiques
Arête des Cosmiques im Winterkleid anfang Juni!


Arête des Cosmiques: nach rund 2/3 kommt ein kurzer Schneegrat, bei Windstille ein schönes Plätzchen, um kurz auf die Rucksäcke zu sitzen und Richtung Mt Blanc zu Feldstechern

Blick zu den verschiedenen Mt Blanc Routen


Tiefblick durch die Wölkchen hindurch Richtung sommerliches Chamonix


Eine schmale Traverse führt zur letzte Seillänge, einer langen steile Rinne mit wenig Sicherungsmöglichkeiten


Tiefblick aus der letzten Seillänge auf den Gletscher runter
Anfangsstück letzter Seillänge der Arête des Cosmiques
Tiefblick mitten in der langen letzten Seillänge

Und weils soo schön war grad nochmals...


Ausstieg aus der letzen Seillänge: von dort aus führt ein einfacher kurzer Schneegrat direkt auf die Terasse der Aiguille du Midi
Terasse der Aiguille du Midi
Day 4: Unser "Autobett" mit Bergmättelis ist einfach zu bequem, erst die wärmende Sonne konnte uns am nächsten morgen rauslocken. Macht nix, heute ist eh Planungstag. Im Zentrum Chamonix' fanden wir DAS Paradies, ein Regal voller genialer Topobücher, das ganze Mt Blanc Gebiet inkl der Aiguilles Rouges abdeckend :-). Und Natürlich konnten wir unmöglich widerstehen, unsere Nasen in ein paar der zahlreichen Bergmaterial-Läden zu stecken. Da stellten wir fest, dass es Dinge gibt, von denen wir vorher gar nicht wussten, dass wir sie brauchen ;-).
Park in Les Gaillands: Routenstudium und Planung der nächsten Tage mit Feldstecher und den frisch gekauften französischen Topobüchern :-)

Manu feldstechert die verschiedenen Mt Blanc Routen
Zurück beim Auto entschlossen wir uns nach eingehender Wetterstudie den Biwakrucksack zu packen und mit der letzten Bahn auf die Aiguille du Midi zu fahren. Wie erwartet kamen wir oben im ziemlichen Whiteout an, sorgfältig stiegen wir mit Steigeisen ab aufs Gletscherplateu. Unerwartet riss der Nebel bisschen auf und gab sogar Teilsicht auf unser morgiges Projektes, den Mont Blanc du Tacul, frei. Wir setzten uns in ein bereits bestehendes "Schneeloch" und schliefen nach unserem Standard Kochermenu "Teigwaren in Beutelsuppe" bei leichtem Schneefall auf etwas über 36000müM ein.

Abstieg von der Aiguille du Midi aufs Gletscherplateu bei wenig Sicht, um dort in einem Schneeloch zu biwakieren

Kaum sassen wir im Schneeloch riss es auf, sogar unser morgiges Ziel, der Mt Blanc du Tacul, zeigte sich teilweise!
Day 5: Nach Biwaknacht bei angenehmen Temperaturen fellten wir bei Sonnenaufgang los durch das Spalten- und Seraclabyrinth der Mont Blanc du Tacul N-Flanke. Mit schwerem Rucksack und oberhalb der 4000er-Grenze war nichts mit unserem üblichen Höhenmeterschnitt pro Stunde - eben keine Flachlandluft hier oben. Die letzten Meter auf den Gipfel sind felsig, nach ein paar Klettergriffen standen wir ganz alleine und bei Windstille auf dem zweiten 4000er unserer Ferienwoche. Auf der ersten Abfahrthälfte zogen wir unsere Spuren durch super Presspulver :-).

In der N-Flanke (Normalroute) des Mt Blanc du Tacul: schöne Neigung, traumhafter Tiefblick...dafür aber auch unangenehme Seracs und Spalten!
Tiefblick Richtung Chamonix runter und Blick in die Aiguilles Rouges (...diese stehen bereits auf unserer Wunschliste)

Den Gipfel des Mt Blanc du Tacul erreicht man durch ein paar unschwierige aber spannende Klettermeter. Von oben sieht man ins Gervasutti-Couloir rein.

Presspulver in der Mt Blanc du Tacul N-Flanke :-)
 

Die Meteoprognosen gaben für den heutigen Abend ein Gewitterrisiko an, so legten wir uns - anstatt ein zweites Mal ins Schneeloch - kommende Nacht unter die Wolldecken des Refuge des Cosmiques. Das Gewitter kam nicht, das Geschnarche im Schlafsaal jedoch schon. Das stärkt die Biwaklust für kommende Hochtourensaison.

Day 6: Die Sonne erhob sich gerade über die Bergspitzchen, als wir vor dem Refuge des Cosmique unsere Ski anschnallten. Am Triangle du Tacul, Gervasutti Couloir, Dent du Géant vorbei fuhren wir das Vallée Blanche ab. Oben waren super Abfahrtsverhältnisse, im Mittelteil wars teilweise wüst zerfahren und steinhart gefroren. In Mitte der Abfahrt querten wir ein eindrückliche Spaltenzone, längst nicht mehr alle bestens gedeckt. Lange Leitern führen vom Gletscher zur Montenvers Zahnradbahn, wo man natürlich wiederum auf den Erinnerungsfotos ausländischer Touristen mitposieren darf.

Abfahrt durchs Vallée Blanche
Blick ins Gervasutti- und Jager-Couloir



Eine der Spaltenzonen des Vallée Blanche
Blick zurück in den verspalteten Mittelteil des Vallée Blanche


Schon bald ist die Montenvers-Zahnradbahn sichtbar, welche vom Gletscher aus über lange Leitern erreicht wird
Wer erkennt sie?


Mer de Glace...so schöön!


Die letzten fahrbaren Metern des Mer de Glace
Day 6/7: Heute unser letzte Ferienabend, morgen unser letzter Ferientag. Diesen genossen wir noch mit einer Kletterei in den groben Schuhen an der Aiguilette d'Argentiere, einer hübschen Granitnadel mit Blick aufs Mont Blanc Gebiet.

Bereits im Zustieg schönste Aussicht aufs Mt Blanc Gebiet!
An der Aiguilette d'Argentiere genossen wir in groben Bergschuhen unseren letzten Ferientag :-)

Wann immer ein Bach in der Nähe war, stiegen wir mit Kochergeschirr, Dreckwäsche und Schweissfüssen rein ins kalte Nass. Nach sieben Tagen Zuhause unter die warme Dusche zu steigen, war ein ziemliches Luxusfeeling ;-).