Montag, 30. September 2013

Lohnerumrundung in Trailschuhen

Ich träumte davon, dieses letzte Septemberwochenende nochmals am Matterhorn zu vebringen. Vor zwei Jahren biwakierte ich mit Benz, einem Kollegen, vier Tage auf der Terasse der bereits eingewinterten Hörnlihütte. Vier fantastische Tage, die im Gedächtnis blieben. Aus dem kleinen gelben Zelt hatten wir direkt Blick auf über 20 Walliser Viertausender, welche jeden Abend rosa leuchteten. Die Temperaturunterschiede waren enorm, die Bergschuhe morgens gefroren, während wir mittags in ärmellosem T-Shirt mit Blick in die Matterhorn Ostwand die Route studierte. Irgendwann ging uns das Kochergas aus, hauptsächlich ungekochte Teigwaren und Suppenbeutel waren noch übrig. Doch die Lust am Draussen sein ist uns nicht vergangen, im Gegenteil. Gipfelerfolg hatten wir keinen - wegen Wassereis, mehr als genug Schnee in der Wand, unklarer aufziehender Wetterlage  und zwei zeitfressenden Verläufern drehten wir bei der Solvayhütte um. Aber das schmälerte das Erlebnis keinesfalls. Was mich interessiert oberhalb der Waldgrenze ist nicht primär das Erreichen eines Gipfels - Bergsteigen ist mehr, viel mehr. Es bedeutet für mich Wege suchen, Verhältnisse und Wetterentwicklungen abschätzen, meine Grenzen ständig verschieben, mit guten Freunden zusammen unvergessliche Morgenstimmungen bestaunen, spontan die Pläne ändern, diskutieren, gut abgewägte Versuche wagen.

Nun aber zu vergangenem Wochenende. Ich rief zur Lohnerumrundung mit Trailschuhen und fünf Freunde kamen. Start in Ueschenen, dort mussten wir Oli kurz an die Hand nehmen, da der schöne Ueschenenfels seine Klettervirusinfektion schier zum aufflackern brachte.
Alpschelegrat

Der erste wirklich steile Anstieg führte auf den Bundergrat. Oli zündete dort den Bergturbo, Manu hechelte ihm nach, und von den vier hintendran wollte sich natürlich niemand abhängen lassen. So tropfte der Schweiss von den Nasenspitzen und die Gesichtsfarbe veränderte sich bei einigen kurzfristig bisschen. Die Schotterpiste ins Bunderchumi hinabsurfend war definitiv weniger schweisstreibend, ich sammelte dabei aber ein gefühltes Kilo Steinchen in meinen Schuhen;-).
Die Schotterpiste ist schon hinter uns, bis ins Bunderchumi dauerts noch wenige Minuten
Über kettengesicherte Weglein und den "Zürchertritt" kamen wir zur herzigen Lohnerhütte, welche im Winter lawinentechnisch kaum zu erreichen ist. Hier die erste Sandwichpause, mhhh. Eine Zeit lang hatte ich oberhalb der Waldgrenze nur noch Kohlenhydratgels dabei (halt leicht&klein zum mitschleppen...), aber an seinem Gel zu nuckeln, während andere in ein saftiges Fleisch-Käse-Sandwich beissen, das vertrugen meine Magennerven nicht lange. An Skitourenrennen verpflege ich mich jedoch ausschliesslich von Gels, seitdem ich beim Kauen eines Riegels beinahe blau angelaufen bin...da liegen leider keine "Fresshalte" drin, gegessen wird während dem Gehen.
Der "Zürchertritt", eine kettengesicherte Kraxelstelle auf dem Lohnerweg

Die Lohnerhütte, im Winter lawinentechnisch kaum zugänglich
Eine abschüssige Traverse durch die steile Schuttflanke am NW-Fuss des Grossen Lohners führte uns Richtung Engstligenalp. Diese liessen wir rechts liegen, um die Herzfrequenz auf dem Ärtelegrat nochmals so richtig in die Höhe zu jagen und den Quadriceps zu plagen was es geht. Bernd musste, angekommen am Fuss des Tschingellochtighores, kurz alle vier Extremitäten von sich strecken. Selbst feinster Nougat konnte seinen Appetit grad nicht zurückholen. Und das alles nur, weil er hinter sich Benz's Stöcke hörte, die mit jedem Aufschlag näher kommen zu drohten ;-). Lustig, wie "Verfolger" einem die Leistungsreserven rauskitzeln können!
Der Ärtelegrat führt zum Tschingellochtighore, dessen Zacken wir umgehen werden (Seil fehlt heute im Rucksack...)

Sandwichpause am Fuss des Tschingellochtighore
Unsere Runde führte weiter über den Entschligegrat, am stahlklaren Tälliseeli vorbei, über das Schwarzgrätli und den Ueschenengrat zurück zum Auto. Den Tag ausklingen liessen wir in einer Beiz mit einer herzigen  Katze, welche sehr viel Freude an Benz's neuer teurer leuchtorgangen Daunenjacke entwickelte...mit rascher Reaktion konnten wir verhindern, dass es auf der Sitzbank wie in einem vom Fuchs besuchten Hühnerstall aussieht ;-).
Tagesfazit: Tour mit wenig Planungsbedarf und hohem Quadricepsfolter-Potential (die Skitourenrennsaison ist nicht mehr unendlich weit entfernt...), ultrazufriedenes Grüppchen, den letzten wetterschönen Tag voll ausgenutzt :-). Danke, sei ihr alle so spontan mitgekommen!

Routeninfos (genauer Routenbeschrieb inkl Schlüsselstellen siehe http://www.gipfelbuch.ch/gipfelbuch/detail/id/62251 ):