Montag, 3. November 2014

Wildhorn-Umrundung


RUND UMS WILDHORN Nach der Tour du Mt Blanc im September und der Tour des Dents du Midi im Oktober zeigte sich das Wetter auch Anfangs November für ein paar Tage von seiner besten Seite - genau richtig, um auch noch die Wildhorn-Umrundung (offiziell "Tour du Wildhorn") in Angriff zu nehmen. Uns bestens bekannt vom Winter, besuchten wir den Wildhorn-Gipfel dieses Mal also nicht, sondern bestaunten ihn von 360° her.
Bernd, Selina und Manu auf Tour

HERBSTLICHE FARBEN & MEHR SCHNEE ALS GEDACHT Auf dem Parkplatz Louwenesee warfen wir uns in die Salomon Speedcross und stiegen durch herbstlich-farbige Wälder der Waldgrenze entgegen. Keinen Meter eintönige Forststrasse, sondern direkt mit schmalen Weglein gings vom Parkplatz los.  Nach einem ersten kurzen Schneegestapfe durch eine nordausgerichtete Flanke verdrückten wir auf rund 2350müM - mit Blick auf den Iffigsee, das Niesehore und selbst den Eiger - unsere Sandwiches auf einer Steinplatte in den wärmenden Sonnenstrahlen. Danach war's auf dieser Tour definitiv fertig mit herbstlichen Temperaturen. Aktuell muss nordseitig ab 2000müM mit Schnee gerechnet werden, und das zum Teil mehr als kniehoch!
Unser Weg führte an der eingewinterten Wildhornhütte 2303müM (hat Winterraum; der Hüttenfuchs hat uns nicht begrüsst, er ist wohl miteingewintert) vorbei. Teilweise weglos und teilweise über einen schmalen Pfad stiegen wir durch das schottrige Gelände zwischen Schnidehore und  Chilchligletscher zum Schnidejoch auf 2756müM hinauf. Hier wurde erstmals der Blick in die - bereits in der Abendsonne leuchtenden - Walliser Bergketten frei.
Herbststimmung im Chüetungel

Vorboten des Winters - hoffentlich eines kalten und schneereichen!

Manu bei der Spuren-Analyse...ja, es war ein Biker!

Ankunft auf dem Schnidejoch: erstmals zeigen sich die Walliser Bergketten, zudem auch bereits der Mond!

Abstieg durch den Schnee vom Schnidejoch zum beinahe vollständig gefrorenen Lac de Ténéhet

WASSERPUMPE ERWÄRMT INGENIEURSHERZ
Dem Abstieg zum Lac de Ténéhet (2440müM, wie alle weiteren angetroffenen Seen fast vollständig gefroren) folgte ein Wiederaufstieg zum Col des Eaux Froides, welcher dem südwestlich unterhalb liegenden Plateau "Les Audannes" alle Ehre wies! Manu bastelte dort seine Katadyn-Wasserpumpe zusammen, damit wir unsere Wasservorräte keimfrei auffüllen konnten. Das hantieren mit der faszinierenden Wasserpumpe erwärmte das Ingenieursherz derart, dass ihn seine klammen Fingern dabei nicht gross störten.
Tiefblick vom Col des Eaux Froides hinunter zum Plateau "Les Audannes" mit gleichnamiger Hütte und See, im am Horizont die Walliser Bergketten im Abendlicht...vielleicht sogar die schönste Aussicht der ganzen Tour!

Katadyn-Wasserpumpe in Betrieb erwärmt Ingenieursherz ;-)
 
Auf dem Plateau "Les Audannes" wenige Meter vor der Hütte.

Fernsicht um kurz vor 18Uhr im November von der Terrasse der Cabane des Audannes aus..
 
KOMPLETT VERSCHNARCHTE NACHT Trotz der später Jahreszeit für Touren dieser Art sassen bereits vier Belgier im Winterrraum der Cabanes des Audannes - lustig waren sie ja, aber nicht ganz hüttentauglich. Ein Kissen-Volltreffer beendete zumindest eine der Schnarchattacken im 30-er Schlafsaal. Der Winterraum (30.-/Person) ist top ausgerüstet. Nebst einem grossen Gasherd findet sich jede Menge Geschirr (bis hin zum Schwingbesen für die Beutelsuppe), Gewürze, Duvets und ein Holzofen. Durch die Fenster der supergemütlichen Stube sieht man in die Walliser Viertausender und zum Mond.
Zum Winterraum gehörende Stube und Schlafsaal des Cabane des Audannes (Herkunft Foto: www.alternatives-wandern.ch)

Novembermorgen um 8Uhr vor der Cabane des Audannes, Blick gegen Süden

SCHLÜSSELSTELLE COL DES AUDANNES Am zweiten Wandertag - nach einer komplett verschnarchten Nacht - wurden wir spätesten auf dem Col des Audannes wach. Der Abstieg über Leitern und durch eine Rinne entlang einem dicken Seil (lag bereits unter der Schneedecke, mussten wir ausgraben) stellt die technische Schlüsselstelle der Tour dar. Sie ist zwar nicht schwer, aber es müssen schon kurz beide Hände aus den Hosensäcken. Am nordöstlichen Ende des Plateaus "Grand Gouilles" trafen wir zum zweiten Mal auf der Tour auf mehr als nur ein Rinnsal (noch) fliessenden Gewässers und die Wasserpumpe kam zu ihrem zweiten Einsatz.
Schlüsselstelle: das Seil in der steilen Rinne (deutlich steiler als auf dem Foto wirkend) musste aus dem Schnee gerissen werden

KNIETIEFES GESTAPFE DURCH DIE NO-FLANKE Mit 3036müM den höchsten Tourpunkt bildete der Arpelistock. Der Aufstieg über seinen äussert schottrigen S-Grat war im oberen, steilen, Teil zwar weitgehend schneefrei, aber forderte mehrmals Einsatz der Hände, um steile Stufen abzuklettern oder kleine Eisfleckchen zu umgehen. Die kalten Temperaturen und der Windchill verwehrten uns eine ausgedehnte Gipfelpause. Über die bereits rechts "schneegefüllte " Nordostflanke stapften wir knietief entlang dem Gältegletscher ins Rottal runter und damit von winterlichen zurück in den herbstlichen Temperaturbereich. Nach einer kurzen "letzte-Sonnenstrahlen-geniess-Pause" unterhalb der Geltenhütte (Winterraum aktuell geschlossen wegen Renovation) trennten uns noch paar Hundert negative Höhenmeter von der Packung Ovo-Güetzi im Auto beim Louwenesee.
Aufstieg auf den Arpelistock via S-Grat: einige Stellen verlangten Handeinsatz (kurze steile Stellen Abklettern, eisige Flecken umgehen)

Abstieg vom Arpelistock: hier der oberste Teil (Weglein führt über den Grat), bevor man später in die NO-Flanke (auf dem Bild nach rechts) abzweigt!

Abstieg vom Arpelistock: nicht überall in der NO-Flanke hatte es NUR knöcheltiefen Schnee wie hier!

ECKDATEN DER TOUR
Tag1 (Louwenesee - Wildhornhütte - Cab. des Audannes): 15 Km, 1850 Hm, 750 Hm
Tag2 (Cab. des Audannes - Arpelistock - Louwenesee): 17 Km, 1050 Hm, 2170 Hm
Material: Wir haben einzig Wandermaterial dabei gehabt (kein: Seil, Steigeisen, Pickel, Schneeschuhe), was bei DIESEN Verhältnissen gepasst hat.